Harnwegsinfekte

von Dipl. med. Klaus Weißflog, Facharzt für Urologie

Meine Damen,
zugegebenermaßen ging es in den letzten Beiträgen vorwiegend um Probleme der Männer (Krebsvorsorge, Erkrankungen der Prostata, der Mann als sexuelles Wesen und die Potenz).
Wir werden immer wieder von den Frauen gefragt, ob sie denn beim Urologen richtig seien.

Ja, natürlich, denn Sie haben doch auch Nieren, Harnleiter, eine Harnblase und Harnröhre. Und was können die für Probleme machen. Die häufigsten urologischen Erkrankungen sind Infektionen und betreffen gerade das weibliche Geschlecht.

Warum ist das so? Frauen haben ein kurze, gerade Harnröhre‚ damit dringen Keime schneller in die Harnblase ein. Sie haben öfters mal kalte Füße, dadurch wird vorübergehend das Immunsystem in der Abwehr gestört. Außerdem spielen der hormonelle Zyklus beziehungsweise der Östrogenverlust in der Menopause eine Rolle sowie mögliche Reizungen beim Geschlechtsverkehr.

Auch Veränderungen des Beckenbodens nach Geburten können zu einer unvollständigen Entleerung der Harnblase führen. Deshalb ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Frauenarzt wichtig. In nicht wenigen Fällen bestehen angeborene Veränderung wie ein vesicorenaler Reflux, dabei pendelt durch einen ungenügend ausgeprägten Ventilmechanismus an der Mündung der Harnleiter Urin wieder zurück zu den Nieren. Deshalb sollten auch Kinder, die längere Zeit einnässen in Zusammenarbeit mit dem Kinderarzt urologisch untersucht werden.
Manche Frauen haben auf der Blasenschleimhaut genetisch eine ungenügend ausgeprägte Schutzschicht (Glykosaminglykane).

Die typischen Beschwerden sind ein schmerzhaftes Wasserlassen, Harndrang, manchmal sieht der Urin blutig aus oder riecht unangenehm. Aber die Symptome können deutlich variieren oder eine Beschwerdearmut bis –freiheit bestehen, oder Probleme treten nur zu Beginn auf.

Welche Diagnostik steht uns zur Verfügung?
Am Anfang stehen natürlich die Angaben der Patientin, das genaue Zuhören des Arztes. Es folgt die exakte Urinuntersuchung. Eine Übersicht kann der Urinteststreifen, den es in verschiedenen Ausführungen gibt, liefern, aber das Ergebnis kann sowohl falsch-negativ als auch falsch-positiv sein. Wichtig sind, zumindest beim zweiten Infekt, die Untersuchung mit dem Mikroskop (das Sediment, weil vorher das Material zentrifugiert wird) und ganz besonders die Kulturen, das heißt, man lässt vorhandene Bakterien auf speziellen Nährböden 24 bis 48 Stunden wachsen, auch Hefen (Pilze) kann man so nachweisen.

Eine Ultraschalluntersuchung sowie der Ausschluss von Restharn sind hilfreich, wenn auch im Kassensystem leider nicht obligat. Besteht eine bakterielle Infektion, sollte man ein so genanntes Antibiogramm anlegen, also verschiedene Medikamente austesten, um gezielt und effektiv behandeln zu können.

Diese Teste führe ich in meiner Praxis selbst durch, deshalb liegen die Ergebnisse bereits nach 12 bis 48 Stunden vor und sie können sofort und mit den anderen Befunden verknüpft werden.
Ebenso wichtig ist eine Urinkontrolle nach einem behandlungsfreien Intervall, auch bei Beschwerdefreiheit.

Die Behandlung kann mit einer Trinkmenge von mindestens 2 l/Tag, Wärme und pflanzlichen Medikamenten, die durchspülen und desinfizieren, unterstützt werden.

Übrigens:Eine Reizharnblase kann sehr ähnliche Beschwerden machen und sollte demzufolge exakt abgeklärt werden.

Ihr Dipl. med. Klaus Weißflog, Facharzt für Urologie

Veröffentlicht in Landsberger Monatszeitung August 2015

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