Die Jungssprechstunde

von Dipl. med. Klaus Weißflog, Facharzt für Urologie

Das Leben ist ja eh schon schwer genug,  wenn man als männliches Wesen in diese Welt geboren wird, hat man so einige geschlechtsspezifische  Besonderheiten zu verkraften.
Auch in diesem Alter wollen wir Urologen neben den Kinderärzten die Knaben betreuen und auf ihrem Weg zum Erwachsenwerden begleiten.

Missbildungen im Bereich der Harn- und Geschlechtsorgane sind nicht selten, man sollte deshalb frühzeitig die Kinder inklusive Ultraschall untersuchen.

Da kann als erstes ein Hoden auf seiner Wanderschaft vom Entstehungsort am Nierenstiel im Bauchraum stecken bleiben und aufgrund der für ihn zu hohen Temperaturen im Laufe der Zeit zu Grunde gehen. Das muss durch genaues Hinschauen und Tasten sowie eventuell mit Ultraschall im Kleinkindesalter geklärt und das Organ operativ freigelegt und in den Hodensack heruntergeholt werden. Das sollte bereits im 2. bis 3. Lebensjahr erfolgen, oft sehen wir die Kinder leider relativ spät. Anfangs ist ein hormoneller Behandlungsversuch möglich.

Und dann dieses Vorhautproblem. Im  ersten Lebensjahr ist eine Verengung (Phimose) noch als physiologisch, also normal anzusehen. Wenn die Enge weiter besteht oder die Urin-entleerung behindert wird oder Entzündungen auftreten, sollte der Urologe zusammen mit den Eltern individuell entscheiden und gegebenenfalls die Vorhaut entfernt werden.
Bei leichteren Verläufen kann anfangs eine Salbenbehandlung hilfreich sein.

Außerdem treten recht häufig Verklebungen der Vorhaut mit der Eichel auf. Zum Teil lösen sich die Verklebungen nach und nach beim Zurückstreifen der Haut, wenn nicht, können sie in einer oberflächlichen Betäubung gelöst werden.

Ein ganz besonderes Kapitel sind die körperlichen und psychischen Veränderungen in der Pubertät. Penis und Hoden (primäre Geschlechtsmerkmale) wachsen, das männliche Hormon Testosteron wird vermehrt gebildet. Die sekundären Geschlechtsmerkmale wie Stimmlage und Behaarung entstehen. Dadurch treten Stimmungsschwankungen, Konzentrationsmangel und Aggressivität auf, der junge Mensch muss sein Ich und seine sexuelle Identität finden und langsam erwachsen werden, sich zum Mann entwickeln – kein leichter Prozess.
Hier wollen wir beratend und erklärend zur Seite stehen.

Gerade ab dieser Zeit kann sich ein Hoden plötzlich um den Samenstrang drehen und so die Blutzufuhr drosseln und das Organ dadurch schädigen. Das Problem muss innerhalb von
wenigen Stunden operativ behoben werden.

Also Vorsicht bei allen Hoden-, Leisten- und Bauchschmerzen, die relativ akut auftreten und nicht eindeutig erklärbar sind. Deshalb sollte die Genitalregion dabei immer mit untersucht werden, inklusive Ultraschall. Gern geschieht so eine Torsion nachts aus dem Schlaf heraus,  zum Teil mit Übelkeit und Erbrechen sowie Kreislaufsymptomen. Auch partielle Torsionen und spontane Rückdrehungen sind möglich.

Schmerzhafte Nebenhodenentzündungen sind im Kindes- und Jugendalter eher selten, aber oft schwierig abzugrenzen, diese werden konservativ mit Antibiotika behandelt.

Ganz zuletzt, aber nicht minder wichtig, sind Hodentumore, die etwa ab dem 15. Lebensjahr auftreten können. Daher ist es wichtig beizeiten regelmäßig seine Hoden auf Vergrößerungen,
Verhärtungen und andere Veränderungen selbst abzutasten. Der Spezialist kann wieder mit
Tasten, Ultraschall und Erfahrung klären.

Und zuletzt:Harnwegsinfektionen sind im Kindesalter oft arm an Beschwerden, also sicherheitshalber den Urin genau, das heißt, möglichst mit Bakteriennährböden untersuchen.

 

 

Veröffentlicht in Landsberger Monatszeitung Oktober 2015

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